It’s terrifying but full of love: Days of Wine and Roses

Im Masochismus der grauen Disco-Vorzeit (Eclipse) verflüssigt sich mitunter das Melodramatische, weil in der andauernden Selbstverletzung alle Schmerzen fortgespült werden. Das erscheint auf den ersten Blick paradox. Ist es aber nicht. Es bleiben nur noch Gesten, Blicke, Intensitäten, Ströme, also Subjekteffekte halberloschener Mittelklassewesen, die durchs Leben geistern, schließlich an einer verkommenen Bucht vor San Franzisco über süße Süchte und böse Träume sinnieren, während die Welt um sie herum in Vergessenheit gerät. Dann heiraten sie. In “days of wine and roses” geht es um Betäubung im Minutentakt. So will es Blake Edwards. Schokoladenkuchenabhängigkeiten plus permanenter Ginnotstand gleich Liebe. Da haben sich zwei gefunden: Zwei Büroangestellte, zwei Duchschnittsdramaqueens, zwei verlorene Seelen, Joe und Kirsten, die nicht gerade auf Rosen gebettet sind und so rührend am Abgrund Platz nehmen, dass sie jeden Zeitsprung im Film überdauern. Tage, Monate, Jahre waren vergangen. Und Politik die Ursache ihres Alkoholismus, wie sie sagen. Grandios! Deswegen haben sie jahrelang nicht reagieren wollen, bis die Wohnung brennt und die Jobs verloren gehen. Der erste Weinkrampf erfolgt spät. Zuvor ein paar müde Comedy-Sequenzen. Tulpen, die abbrechen, Scheiben, die durchlaufen werden wollen. Ein zögerliches Lachen. Mehr nicht. Dann Freudianische Überfrachtung, erzählte Traumbilder der eben beendeten Exzesse, romantische Augenblicke zweier Ginfalschen im Bett – später ist Joe, in Zwangsjacken gezwängt, allein im Hospital. Oh nein, sagt er, nicht ich! Sich zuknallen, abschießen, debil werden und zwischendurch Boy Georges „Do really wanna hurt me“ wahr werden lassen, auf Kosten des anderen, versteht sich, weil es jahrelanges Trinken ohne Sorgen und Schrecken nicht gibt. Sagte ich bereits, dass “Days of wine and roses” ein Film über das Trinken ist? Edwards möchte den Rhythmus im Trinken halten, zwischen “desperate silence” und Bar- und Likör-Shop-Bildern die Erzählung selbst verflüssigen und ein Verkrampfen der Hände verursachen. Edwards geht so weit, bis der Alkohol ein Filmtransparent geworden ist und abschweifende Blicke ins nirgendwo erkennen lassen, dass die Welt ertrinkt und wir möglicherweise auch…

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